Neue Regelungen für Photovoltaikanlagen

Das Jahressteuergesetz 2022 beinhaltet zwei höchst relevante Regelungen zur Förderung der Photovoltaik:

Ertragssteuerbefreiung nach §3 Nr. 72 EStG (rückwirkend ab 1. Januar 2022)

Steuerfrei nach § 3 Nr. 72 EStG sind rückwirkend ab 1. Januar 2022 die Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb

  • von auf, an oder in Einfamilienhäusern (einschließlich Garagendächer, Dächer von Carports und Dächern anderweitiger Nebengebäude) oder nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden (z.B. Gewerbeimmobilie, Garagenhof) vorhandenen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 30kw (peak) (§ 3 Nr. 72 Satz 1 Buchst. a EStG) und
  • von auf, an oder in sonstigen Gebäuden (z.B. Mehrfamilienhäuser, und gemischt genutzte Gebäude mit Wohn- und Gewerbeeinheiten) vorhandenen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 15kw (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit (§ 3 Nr. 72 Satz 1 Buchst. b EStG).

Die Steuerbefreiung gilt für den Betrieb einer einzelnen Anlage oder mehrerer Anlagen, jedoch insgesamt bis höchstens 100kw (peak) pro Steuerpflichtigen (natürliche Person oder Kapitalgesellschaft) oder pro Mitunternehmerschaft. Durch die Verwendung separater Mitunternehmerschaften kann die Freigrenze also „multipliziert“ werden. Aber Achtung: Dies gilt für Mitunternehmerschaften (also gewerblich geprägte oder infizierte Personengesellschaften), nicht vermögensveraltende Personengesellschaften (bei letzteren wird anteilig „durchgerechnet“).

Für die Praxis von besonderer Bedeutung ist, dass der Betrieb von Photovoltaikanlagen, die die begünstigten Anlagengrößen nicht überschreiten, bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften (z.B. gewerblich entprägte GmbH & Co. KG, private Vermietungs-GbRs) künftig nicht mehr zu einer gewerblichen Infektion der Vermietungseinkünfte führt (§ 3 Nr. 72 Satz 3 EStG).

Vermögensverwaltende Personengesellschaften können daher künftig auf ihren Mietobjekten Photovoltaikanlagen von bis zu 15kw (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit installieren, ohne steuerliche Nachteile befürchten zu müssen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass – wegen der bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften geltenden Bruchteilsbetrachtung – die Maximalgrenze von 100kw (peak) bei jedem der an der vermögensverwaltenden Personengesellschaft beteiligten Steuerpflichtigen nicht überschritten wird. Eine GbR mit drei Gesellschaftern (natürliche Personen, jeweils 1/3), in deren Eigentum sich ein Mehrfamilienhaus mit 20 Wohneinheiten befindet, wird durch den Betrieb einer Photovoltaikanlage mit einer Gesamtleistung von bis zu 300kw (peak) [20 x 15kw (peak) = 300kw (peak)] also nicht gewerblich infiziert, sofern keiner ihrer Gesellschafter aufgrund weiterer – ihm ggf. über weitere vermögensverwaltende Personengesellschaften – entsprechend seiner Beteiligungsquote anteilig zuzurechnender Photovoltaikanlagen die 100kw (peak)-Grenze übersteigt. Wird die 100kw (peak)-Grenze auch nur bei einem Gesellschafter überschritten, wird die GbR im Ganzen gewerblich infiziert. Dies kann zu erheblichen Steuernachteilen führen (u.a. Gewerbesteuer, sofern die sog. Schmutzgrenze nicht eingehalten wird). Bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften kommt es also nicht nur darauf an, dass die Grenze von 15kw (peak) pro Wohn- oder Gewerbeeinheit eingehalten wird, sondern zusätzlich auch darauf, dass die 100kw (peak)-Grenze pro Gesellschafter nicht überschritten wird. Schädliches Handeln eines Gesellschafters führt daher unter Umständen zu steuerlichen Nachteilen bei den anderen Gesellschaftern, obwohl diese selbst die Schädlichkeitsgrenze von 100kw (peak) nicht gerissen haben. Dies wird in der Praxis voraussichtlich zu erheblichen Diskussionen führen.

Zusätzlich sind folgende Aspekte der neuen Steuerbefreiung erwähnenswert:

  • Die Steuerbefreiung ist zwingend. Sie gilt unabhängig davon, ob mit der Photovoltaikanlage Gewinne oder Verluste erzielt werden.
  • Sie gilt auch für Altanlagen.
  • Die Steuerbefreiung setzt an bei den Einnahmen und Entnahmen und nicht bei den „Gewinnen“.
  • Die im Zusammenhang mit der Stromerzeugung anfallenden Betriebsausgaben sind nach § 3c Abs. 1 EStG steuerlich nicht abzugsfähig.
  • Die Steuerbefreiung gilt unabhängig von der Verwendung des erzeugten Stroms. Damit sind auch Einnahmen aus Photovoltaikanlagen, bei denen der erzeugte Strom vollständig in das öffentliche Netz eingespeist, zum Aufladen eines privaten oder betrieblich genutzten E-Autos verbraucht oder von Mietern genutzt wird, steuerfrei. Die Neuregelung gilt zudem nur für Photovoltaikanlagen, nicht aber für den mit Hilfe von Blockheizkraftwerken erzeugten Strom. Für Blockheizkraftwerke gilt die bisherige Vereinfachungsregelung der Finanzverwaltung auch für die Jahre ab 2023 weiter.

Umsatzsteuer (ab 2023)

Im Bereich der Umsatzsteuer soll für die Lieferung und Installation von Photovoltaikanlagen ein Nullsteuersatz mit Vorsteuerabzug eingeführt werden. Konkret ist vorgesehen, in § 12 UStG einen neuen Absatz 3 einzufügen, aufgrund dessen sich die Umsatzsteuer auf 0 Prozent ermäßigt. Der Nullsteuersatz gilt für die Lieferung oder Installation von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, sofern

  • die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30kw (peak) beträgt und
  • die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Wohnungen oder öffentlichen oder dem Gemeinwohl dienenden Gebäuden installiert wird.

Der Hintergrund des Nullsteuersatzes – statt einer regulären Steuerbefreiung – besteht darin, die Lieferung von Photovoltaikanlagen unter den genannten Voraussetzungen umsatzsteuerfrei zu stellen, ohne dass der Vorsteuerabzug verloren geht. Der Vorsteuerabzug der jeweiligen Lieferanten oder Installateure bleibt also erhalten.

Geschrieben von:

Iris Hiegeist

Steuerberaterin mensching plus Steuerberatungsgesellschaft mbH